Die Grafschaft Wölpe erstreckt sich von der Weser bis zur Leine und Olpe. Zu Beginn des 13. Jahrh. verlegten die Grafen von Wölpe ihr ,,festes Haus" von Drakenburg/Weser nach Neustadt. Verbliebene Zeugen dieser Zeit in Neustadt sind die ehemalige Wassermühle, die Liebfrauenkirche und der Wölper Silberpfennig aus der Münze zu Neustadt. Zu sehen ist ein Silberpfennig in dem ,,Grünen Gewölbe" in Dresden und natürlich bei dem imponierenden Löwen aus heutiger Zeit, (Symbol der Lüneburger Welfen), am Parkplatz ,,Zwischen den Brücken", nahe der Leine, der sehr deutlich seinen Schatz schützt und Feinde warnt.
Urkundlich erwähnt wurde Neustadt erstmalig 1215 durch die Schenkungsurkunde der Wölper Grafen, mit der sie die Wassermühle dem Kloster Mariensee' das sie zur selben Zeit gründeten, überschrieben. Im 17. Jahr. kam die Mühle in städtischen Besitz und Mitte des 2o. Jahr. in private Hände und ist den Neustädtern als ,,Eckstein-Mühle" ein Begriff. 198o erhielt sie eine Turbine mit 22o PS, die auch heute noch Strom erzeugt, obwohl die Mühle inzwischen zu einem Wohnhaus umgebaut geworden ist.
Da das Geschlecht der Grafen von Wölpe ohne Erben blieb, wurde die Grafschaft 13o2 mit der befestigten Stadt an Herzog Otto von Braunschweig-Lüneburg verkauft.
Ab 1392 hatte Neustadt für 15o Jahre eine Landwehr bestehend aus einer Schwarzdornhecke mit vier Stadttoren. Ab 131o ist es im Besitz des Stadtrechts.
Gravierende Veränderungen erfuhr Neustadt in der Ära der Calenberger Herzöge Erich 1 und seinem Sohn Erich II. Es wurde für ca. 100 Jahre zur Residenzstadt. Es war Erich II, der Neustadt mit einer seiner Zeit sehr modernen Festungsanlage mit fünf Bastionen umgab. Konsequenz war, dass die Bürger auf zwei Stadttore verzichten mussten, lediglich von Ost nach West konnte man die Stadt betreten oder verlassen. Die Festung muss Erich II sehr wichtig gewesen sein: zeitweise nannte er seine Residenz nicht Neustadt sondern Landestrost. Noch heute kann man den Verlauf des Walles nachvollziehen, der Amtsgarten sowie der Erichsberg sind bedeutende Erinnerungen an die bewegende Epoche Erich II.
Nachdem die alte Burg der Welfen abgebrannt war, erfolgte ab 1573 ein Neubau. 1584 - im Todesjahr Erich II - war der Bau abgeschlossen. Entstanden war ein Schloss im Stil der Weserrenaissance erstmalig zu sehen in diesem Stil: die herrlichen Portale. Oft dem Verfall nahe, immer wieder ausgebessert, erhielt das Schloss Ende des letzten Jahrhunderts in Anlehnung an die Originalunterlagen aus dem 16. Jahrh. eine grundlegende Restaurierung und ist somit ein wesentliches Schmuckstück unserer Stadt. Heute befindet sich die ständige Ausstellung Erich 1 und Erich II im Schloss, sowie das Regional-Archiv und Torfmuseum, und in den Kellergewölben die Sektkellerei Dupres der ortsansässigen Weinhandlung Kollmeyer. Konzerte und Ausstellungen erfreuen den interessierten Besucher, Räumlichkeiten für Empfange und Trauungen können gebucht werden.
Am Himmelsfahrtstag im Mai locken Gaukler und ein historischer Markt Menschen aus der Umgebung in den Schlosshof und im Sommer findet in dem zauberhaften Ambiente ein dreitägiges Weinfest der Weinhandlung Kollmeyer statt.
Zum Schloss gehört der heutige Amtsgarten, erst ab 1974 für die Öffentlichkeit zugelassen. Hier ist eine der zum Wall gehörenden Bastionen zu sehen. Die in eine Wallmauer eingelassene Jungfrau mit Kind erinnert an die schaurige Geschichte von dem eingemauerten Kind.
Auch der Amtsgarten wurde restauriert und lädt den Besucher zur Erholung und zum Verweilen ein.
Nach Fertigstellung des Schlosses wird die Dreiteilung Neustadts sichtbar: der Schlossbereich' Kirche-, Schul- und Amtshaus-Bereich und die Ackerbürger-Siedlung.
Vier fürchterliche Brände haben Neustadt heimgesucht. Der letzte 1727. Nahezu fast alle Häuser waren abgebrannt. Georg II, Kurfürst von Hannover, König von England, gab 3oo.ooo Taler zum Wiederaufbau mit der Auflage, die Straßen zu begradigen und Brandgassen einzurichten.
Die Leine schlängelt sich ca. 5o km durch das Neustädter Land. Es fand reger Schiffsverkehr zwischen Bremen und Hannover statt. Ein Naturschauspiel fasziniert: über einen vor 15o Millionen Jahren aufgefalteten Felsenriegel stürzt sich der naturbelassene Fluss über 2m in die Tiefe. Dieser Wasserfall und die Leineschnellen machten die Leinbeschifffahrt zu einem Problem. Abhilfe schuf der Mühlenkanal und die Schleuse aus dem 18. Jahrh. in der Nähe der Wassermühle, die heute noch von Sportlern genutzt wird. In der Mitte der ersten Hälfte des 19. Jahrh. kam die Leineschifffahrt zum Erliegen. Übrigens wird Neustadt in der Zukunft um eine Attraktion reicher werden: der ehemalige Hafen in der Nähe des Amtsgerichts wird wieder ins Leben gerufen und sicherlich viele Menschen anlocken.
Beschaulich ist der Weg von der Eckstein-Mühle, an der Schleuse vorbei, am Mühlenkanal entlang und dem entstehenden Hafen. Mit dem Blick auf die Leinewiesen kann man ins Träumen geraten und den Alltag hinter sich lassen. Vielleicht träumt man ja auch von einem köstlich zubereiteten Lachs aus der Leine: nachdem die Wasserqualität sich erheblich verbessert hat, werden seit Jahren jährlich ca. 12.ooo Stck. Grilse-Lachse in die Seitenarme ausgesetzt. Es werden noch einige Jahre ins Land gehen, bevor die Fische ihre bestimmte Größe erreichen werden und sie gefangen werden können.
Verlässt man die Schlossanlage, geht an dem Amtsgericht und Jugendgefängnis vorbei, hat man den Blick auf das ,,Storchenhaus", die ehemalige Schule und Tischlerei und auf das Museum, ebenfalls eine ehemalige Schule. Und natürlich auf die Liebfrauenkirche, die von den Grafen von Wölpe als dreischiffige romanische Kirche gebaut worden war und von Erich 1 einen Umbau erfuhr in eine gotische Stufenhallenkirche.
Uta Jessen
Die Liebfrauenkirche
Nach dem Schloss ,,Landestrost" ist die Liebfrauen-Kirche das markanteste Wahrzeichen von Neustadt am Rübenberge. Den Baubeginn von großen Teilen der ursprünglich romanischen Basilika legen die Fachleute in die Mitte des 13 Jahrhunderts (Turmgeschoss, Mittelschiffwände, die Nord- und Südportale). Eine Vorgängerkirche ist anzunehmen.
Der spätgotische Wiederaufbau ist auf romanischen Fundamenten erfolgt: Sakristei und Chorpolygon 1459, der Neubau der Seitenschiffe wurde 1502 vollendet. Damit war die Umgestaltung der Kirche zur gotischen Stufenhalle, so wie sie sich heute zeigt, abgeschlossen. Bis zur Belagerung der Stadt durch Tilly im 30jährigen Krieg blieb die Kirche unverändert. 1627 wurde der Turm vermutlich durch Beschuss schwer beschädigt. Der Wiederaufbau zur heutigen Gestalt zog sich bis 1834 hin. Der Innenraum der Liebfrauen-Kirche hat seinen Charakter durch die vorsichtige Umgestaltung der romanischen Basilika zur Hallenkirche gewonnen. Im Mittelschiff zeigt sich noch die romanische Baustruktur mit sächsischen Stützwechsel. Bemerkenswert sind die östlichen Säulen mit zum Teil plastischen Schmuck. Schöne Schlusssteine des spätgotischen Umbaues befinden sich im südlichen Seitenschiff. 1787 wurde die spätmittelalterliche Ausstattung der Kirche durch Arbeiten des Hofbildhauers Ziesenis ersetzt (Altarwand, zu der auch die jetzt freistehende Kanzel gehört, Taufständer). Es sind seine letzten Arbeitsstücke vor seinem Tod 1787 in Hannover.
Der Taufständer ist eines der schönsten Werke aus der Werkstatt Ziesenis. Auf kräftigen Füßen trägt eine Weltkugel den Baum der Erkenntnis - einen Apfelbaum -, um dessen Stamm sich die Schlange mit einem Apfel im Maul windet. Die Krone des Apfelbaumes mit Früchten und Laub trägt das Becken, auf dessen Deckel ein Lamm ruht.
Auf Grund eines Kirchenvorstandsbeschlusses wird unsere Kirche seit 1954 Liebfrauenkirche genannt. Jahrhunderte lang vorher hatte sie den Namen Peterskirche gehabt. Urkunden aus dem 14. und 15. Jahrhundert belegen, dass die Kirche ursprünglich den Namen ,,Kärke user leven vrouen" (Kirche unserer Lieben Frauen) trug. Auf dem bekannten Stich von Merian (um 1650) ist bereits der Name mit ,,St. Peters Kirche" angegeben. Die Grunde des damaligen Namenswechsels sind bisher nicht bekannt geworden.
Über dem Südportal sind im spätgotischen Mauerwerk die Halbfiguren der Kirchenheiligen eingesetzt: Petrus links und Maria mit dem Kinde rechts. Über dem Portal befindet sich ein dornenbekrönter Christuskopf. Ihre zeitlichen Einordnungen sind unsicher, dürften jedoch vor 1502 liegen. An dem Strebepfeiler rechts des Südportals befindet sich eine Sonnenuhr mit der Bau-nachricht 1502. Die reich verzierten Spitzbögen des Nord- und Südportals stammen noch vom romanisch-gotischen Vorgängerbau und sind beim Umbau von 1502 unter Verzicht auf die Sockelzonen wieder eingefügt worden. Im westlichen Gewölbe der Kirche befinden sich Fresken, die man aufgrund ihrer ornamentischen, sowie tierischen Darstellungen, dem 13. Jahrhundert zuordnet.
Etwas später sind die Reste von Malereien auf der Chorsüdwand und der Malereirest auf der Nordwand des Westjoches anzusetzen. 1997 entdeckte man bei der Sanierung von Rissen im Gewölbe der Kirche, kunsthistorisch interessante Wand- und Deckengemälde, die dem Zeitraum um 1650 zugeordnet werden. Ein Teil der Apostel- und Propheten-Abbildungen, sowie Ornamente und Bibelsprüche konnte man restaurieren.
Ins Auge fallen zunächst die 8 Prophetenbildnisse in den Gewölbekappen des östlichen Schiffs- und im Chorjoch. Es beginnt im Chorjoch mit Jesaja - mit erhobener Hand und einem offenen Buch in der linken scheint die frontal ansichtige Gestalt zu predigen- und setzt sich fort im Uhrzeigersinn - mit Jeremia, Hesekiel und Daniel. Von der Reihe der kleinen Propheten sind im östlichen Schiffsjoch - wiederum im Uhrzeigersinn- Hosea, Joel, Amos und Obadja wiedergegeben. Die Dreiviertelfiguren mit vollendet drapierten Gewändern sitzen auf thronartigen Schrifttafeln, die jeweils Texte und Weissagungen beinhalten. Die Darstellung der Gestalten ist von großer Qualität, wie es sich bei der am besten erhaltenen Figur des Daniel zeigt. An der Südwand des Chorpolygons befinden sich die zum gleichen Bildprogramm gehörenden Darstellungen des Apostel Thomas und Matthäus. Zu ihnen gehören jeweils Aussagen des apostolischen Glaubensbekenntnisses. Alle Ausmalungen beweisen wiederum, dass Kirchen nach der Reformation durchaus nicht schmucklos waren, sondern auch mit reichen Bildausstattungen lutherischer Prägung verziert sein konnten.
Im Innern der Kirche sind einige interessante Grabsteine zu sehen. Unter anderen auch der sogenannte ,,Schifferstein" des Kindes Meyer von 1745. In der figürlichen Darstellung ein Mann in modischer Tracht neben einen Fracht führendes Segelschiff. Bei genauerem Hinsehen erkennt man auch ein Kind, welches im linken Teil des Bildes von Bord stürzt. An der äußeren Westwand des nördlichen Kirchenschiffes findet man einen Leichenstein mit dem knienden Ritter Ludolph v. Campen, betend vor einem Kruzifix. Dieser Stein ist etwa 100 Jahre älter als das aufgesetzte Wappen mit der Jahreszahl 1687. An der Altarwand befindet sich seit 1928 an Stelle der vorher dort befindlichen Ziesenis- Kanzel ein Kreuzigungsbild des bekannten Malers Professor Magnus Zeller, der aus der Schule Levis Corinth hervorgegangen ist. Das im Auftrage unserer Kirchengemeinde angefertigte Gemälde zeigt Christus unmittelbar vor seinem Tod. In den Gesichtern von Maria, Maria Magdalena und Johannes ist die tiefe Verzweiflung ersichtlich, ein siegbewusstes, ganz feines Lächeln umspielt nun seinen Mund. Im Tode ist Christus Sieger über Tod und Gericht, über Sünde und Schuld, über Teufel und Hölle.
Auf der 1960 neu eingezogenen Westempore wurde 1964/65 eine von Emil Hammer, Hannover, gebaute Orgel aufgestellt. Sie umfasst in vier Werken (Hauptwerk, Brustwerk, Rückpositiv, Pedal) 34 klingende Stimmen. Seit September 2001 steht im südlichen Seitenschiff eine Skulptur des deutsch- spanischen Malers und Bildhauers Donato Diez. Auf einem großen Sandsteinsockel zeigt sie in Erinnerung an der Darstellung einer Pietà zwei einander zugewandte Personen.
GOTTESDIENSTE: jeden Sonntag um 10 Uhr,
Wochenandacht jeden Mittwoch um 18 Uhr.
AUSKUNFT: Büro der Kirchengemeinde im Gemeindehaus,
An der Liebfrauenkirche 5.6,
Telefon 05032/94879
Internet: www.liebfrauen-neustadt.de
Führungen in der Liebfrauenkirche
Christliches Gedankengut finden wir in der alten und gegenwärtigen Kunst in der Liebfrauenkirche. Architektur, Bilder und Skulpturen (z.B. Baselisken, Propheten, Lamm, Altarbild) und viel Bedeutsames mehr erzählen vom christlichen Glauben. Wir laden Sie zu einer Führung ein.
Treffpunkt: Liebfrauenkirche in Neustadt/Rbge, Westportal
Dauer: ca.9o Minuten
Preis: 3 Euro/Person
Info: Swantje Grimrath, Tel.-Nr. o5o32-63351 Uta Jessen, Tel.-Nr. o5o32-3859
Führungen auf Anfrage
MUT ZUR STILLE - eine Abendführung.
Erleben Sie mit uns die Liebfrauenkirche wie die Menschen im Mittelalter. Im Dunklen nur mit wenig Kerzenschein, entfaltet sich die Liebfrauenkirche auf ihre eigene ganz persönliche Weise.
Treffpunkt: Liebfrauenkirche in Neustadt/Rbge Südportal
Uhrzeit: 19.00 Uhr
Dauer: 1 ½ Stunden
Preis: 3 Euro/Person
(Führungen von Oktober bis März)
Info: Uta Jessen, Tel.-Nr. 05032-3859
Ingeborg Vogt, Tel.-Nr. 05032-64911
MIT ALLEN SINNEN - Kirche erleben.
Eine Einladung an alle, die sich darauf einlassen möchten, die evangelisch-lutherische Liebfrauenkirche in Neustadt am Rübenberge auf besondere Weise zu erleben.
Das Innere vereinigt den Versuch, eine romanische Basilika in eine gotische Hallenkirche umzubilden. Mittelalterliche und nachreformatorische Wandmalereien, eine barocke Taufe, ein um 1930 entstandenes Altarbild, Skulpturen zeitgenössischer Künstler beispielsweise laden dazu ein, in Stille, mit Klangerlebnissen, mit Worten, im Dialog, Kirche zu erfahren.
Kontaktaufnahme: Kirchenbüro der Liebfrauenkirchengemeinde, Tel.:
05032-94879 oder Ilse Konietzko, Tel.: 05032-893824
Grundriss Liebfrauen 1. Südportal mit reich verziertem Spitzbogen aus dem romanisch-gotischen Vorgängerbau 2. Reliefs: Petrus, Christus und Maria mit dem Kind 3. Sonnenuhr mit Baunachricht 1502 4. Sakristei 5. Nordportal mit reich verzierten Spitzbogen aus dem romanisch-gotischen Vorgängerbau 6. Grabstein mit kniendem Ritter etwa um 1580 mit aufgesetztem Wappenstein 1687 7. Turm und Westportal 8. Orgel
Führung: Alte und gegenwärtige Kunst in Architektur
Bildern und Skulpturen (z.B. Baselisken, Propheten, Lamm, Altarbild) und viel Bedeutsames mehr erleben Sie in der Liebfrauenkirchc Wir laden Sie zu einer Führung ein.
Treffpunkt: Liebfrauenkirche in Neustadt/Rbge, Westportal
Dauer: ca. 9o Minuten
Preis: 3 Euro/Person
Info: Swantje Grimrath. Tel.-Nr. 05032-63351 oder Uta Jessen, Tel.-Nr. 05032-3859