Unsere Kirche hat keinen Namen. Bekannt ist sie als 310 Jahre alte Barockkirche in Schloß Ricklingen und gilt als „Kleinod im norddeutschen Raum“. Wenn ich ihr einen Namen geben sollte, dann wäre sie für mich die Jakobus-(Pilger-) kirche. Warum? An der prächtigen Altarwand sind zwei männliche Figuren dargestellt, die nicht genau bestimmt sind: Es könnte sich um Jakobus und Johannes, die Brüder und erstberufenen Jünger Jesu, handeln. Der Kirchen-Erbauer und –stifter hieß Johann-G. Voigt und sein Vater Jakob. Das könnte eine Erklärung sein. Die 2. Erklärung sind die Jakobsmuscheln, die den Hintergrund für beide Jünger bilden. Der 3. Grund sind die Muscheldarstellungen in dem wunderbaren Wand-Stuck Vielleicht ein wenig weit hergeholt ist mein Grund: Nr 4: Über der Haupteingangstür steht außen
„Bedenket das Ziel – Ut scopi memores“
Und innen über der Tür steht:
„Gehet hinaus aus den Toren Gottes“
Im Turmraum unserer Kirche lässt es sich gut ausruhen und rasten. Ja, er lädt geradezu ein, eine Kerze anzuzünden und sich in den alten Mauern ganz auf Gott zu besinnen. Wunderschön ist von dort der Blick auf die Altar-Wand und auf die Schrift im oberen Teil:
„Allhie hoeret man die Stimme des Danckens und prediget die Wunder Gottes“ Zur Erinnerung dürfen alle Pilgernden, die sich zu uns auf den Weg machen, eine Jakobsmuschel mitnehmen, mit der sie ein wenig erfrischendes Wasser schöpfen können.
Eine weitere Station könnte in unsrem Dorf das Denkmal sein, das an die frühere Belagerung der Burg erinnert und einen schönen Ausblick auf die nahe Leine bietet.
Herzlich willkommen in Schloß Ricklingen!
Ursula Wiebe
Unsere Gemeinde verdankt ihre schöne Kirche der Großzügigkeit des frommen und tatkräftigen Amtsmannes Johann Georg Voigt, der sie, ebenso wie Schule und Pfarrhaus, auf eigene Kosten errichten ließ. Nach nur zweijähriger Bauzeit konnte sic 1694 eingeweiht werden. Dabei wurde ihm und seinen Nachkommen das Patronatsrecht verliehen, das erst 1954 aufgehoben wurde.
Das äußerlich schlichte Bauwerk überrascht durch die italienisch beeinflusste üppig barocke Ausgestaltung des Innenraums mit dem für seine Zeit einzigartigen Kanzelaltar mit Orgel; eine Einheit, die nicht nur als Kunstwerk beeindruckt, sondern aufs Schönste den lutherischen Gedanken von der Verkündigung als Kernstück des Gottesdienstes erlebbar macht. Leider sind die Namen der Architekten und Kunsthandwerker nicht überliefert, aber man darf wohl zumindest den Einfluss der damals in Hannover tätigen italienischen Baumeister Crotogino und Perinetti vermuten.
Der Innenraum der Kirche hat im Laufe der Jahrhunderte nur wenig Veränderung erfahren. Um für die wachsende Gemeinde mehr Sitzplätze zu schaffen, wurden schon Anfang des 18.Jhdts. die Priechen im Altarraum eingebaut und das gesamte Gestühl seither mehrfach erneuert Als 1882 die barocke Orgel defekt war, ließ der bekannte Kirchenbaumeister C.W.Hase die westliche Herrschafts-Empore für ein neues, größeres Instrument durch einen Vorbau erweitern. Anfang der sechziger Jahre wurden diese Veränderungen rückgängig gemacht und die Orgel wieder in den Prospekt über dem Altar eingebaut. Da diese mit der Zeit sanierungsbedürftig geworden war, wird im Dezember 2000 ein neues, zweimanualiges Instrument erklingen.
Weit schwerwiegender waren die Veränderungen am Äußeren des Gebäudes. In kurzer Bauzeit auf einer Sanddüne errichtet, gab es von Anfang an große statische Probleme, die u.a. dazu führten, dass bereits 1749 Risse im Turm auftraten. 1815/16 mussten daher zwei Stockwerke des ursprünglich dreistöckigen Turms abgetragen und durch das jetzige Pyramidendach ersetzt werden . In den fünfziger Jahren war der Gesamtzustand des Gebäudes so marode, dass sogar ein Abriss erwogen wurde. Durch eine grundlegende Bausanierung und Restaurierung des Innenraums in den Jahren 1959-62 konnte dieses Schicksal abgewendet werden, zur großen Freude und Dankbarkeit der evangelischen und katholischen Christen in Schloß Ricklingen, die in diesem Schmuckstück der Kirchenbaukunst ihre Gottesdienste feiern.